Reichenbacher Hamuel & Amman Treppenbau: Passt wie angegossen

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    Reichenbacher Hamuel GmbH
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©Amman Treppenbau, Alexander Stöhr, Stefan Ammann und Andreas Bauer (von links)

Sie haben ein neues CNC-Bearbeitungszentrum gekauft, ohne Verpackung rund 9to schwer und 9,5m lang, und auf dem Weg in die Produktion steht eine Lagerhalle im Weg. Was tun? Wusste man zum Glück: Sieben Stunden, einen 150to Autokran mit 50to Ballast als Gegengewicht und einem luftigen Verladeweg von 22 Metern später stand die Reichenbacher-Maschine da, wo sie stehen sollte.

Handwerkliche Fachkompetenz mit dem Einsatz von Präzisionsmaschinen

Nicht nur die Investition an sich war also eine Herausforderung für die Ammann Treppen Manufaktur, in der rund 45 Mitarbeiter Treppen entstehen lassen, bei denen laut Geschäftsführer Stefan Ammann und Robert Schorer Ästhetik und Funktionalität Hand in Hand gehen und die so individuell geplant und konstruiert werden, dass jede Treppe wie angegossen passt. Voraussetzung dafür ist neben der großen handwerklichen Fachkompetenz auch der Einsatz von Präzisionsmaschinen. Täglich werden bei Ammann acht Treppen, oder wie man es intern bezeichnet, acht Stockwerke fertiggestellt. Das sind im Jahr zirka 1.700 Holztreppen, überwiegend Eiche und Buche aus heimischen Wäldern, und hinzukommen nochmal 150 Stahltreppen. Das fängt bei eingestemmten oder aufgesattelten Wangentreppen, Bolzen-, Faltwerk-, Kragarm-, Zweiholm- und Spindeltreppen an und endet, nicht zu vergessen, bei der in den 90er Jahren erfundenen und patentierten Bautreppe, von der zirka 400 Stück für Ammann und rund 9.000 verkaufte oder vermietete Exemplare pro Jahr in ganz Europa unterwegs sind.

Treppen wurde bis Anfang 2018 mit traditionellen Holzbearbeitungsmaschinen hergestellt. Da der Fokus aber immer schon auf Einzeltreppen lag, was letztendlich heißt, dass im Grunde keine Treppe wie die andere aussieht, müssen alle Bauteile immer wieder neu konstruiert beziehungsweise angepasst werden. Denn nicht nur jedes Haus ist anders, auch die Architektur, die räumlichen Verhältnisse, die verwendeten Materialien und nicht zuletzt der persönliche Geschmack ergeben für jedes Treppenprojekt ganz individuelle Anforderungen. So kamen im Laufe der Jahre auch immer kompliziertere Geometrien und Konstruktionen dazu und man wurde immer abhängiger von den bis dato zugelieferten Frästeilen. Ergo: Man investiert selbst in moderne Maschinen. Hinzu kam, dass auf dem Markt kaum noch Nachwuchs zu finden ist, der eine praktische Ausbildung im klassischen Holzhandwerk anstrebt. „Junge Leute arbeiten digital; Smartphone und PC sind Normalität. Treppen von heute werden am PC entworfen und ein CNC-Arbeitsplatz ist bedeutend attraktiver als ein Traditionsberuf“, sagt Unternehmer Ammann. 1988, als er die Firma als Schreinerei gründete, war das noch nicht so extrem, aber schon in den 90er Jahren war nach seinem Dafürhalten ein Rückgang an fachkompetenten Arbeitskräften erstmals spürbar.

©Amman Treppenbau

Technikbegeisterte Mitarbeiter

Andreas Bauer, der seit 1999 in Schwabmünchen als technischer Werkstattleiter arbeitet, hat ein Hobby: Alles, was mit Technik zu tun hat. Folgerichtig ist er im Unternehmen für die gesamte Maschinenwartung verantwortlich und es lag nahe, dass er 2017 die Aufgabe übernahm, Informationen für die Investitionsentscheidung CNC zu sammeln und aufzubereiten.

Aufgrund des Anforderungsprofils blieben nicht viele Maschinenhersteller übrig. Von denen ließ sich man sehr genau im Vorfeld die Vor- und Nachteile bestimmter technischer Details erläutern und Reichenbacher hatte letztendlich die Nase vorn. Man diskutierte über Saugerhöhe, Unterfluraggregate, Platzbedarf und tastete sich so an die optimale Ausstattung der Anlage heran.

Klar war zudem auch, dass man in Zukunft alles selbst machen will: sprich alle Bauteile einer Treppe, angefangen von Wangen, Stufen, Pfosten, Podestplatten, Podestunterkonstruktionen bis zu den Handläufen und Setzstufen. Hinzu kam, dass man mit Blick auf die Absaugung die beschränkte Deckenhöhe beachten musste. Das alles im Blick zu behalten leisten nur Hersteller, die Maschinen den individuellen Bedingungen anpassen können. Zusammen mit Werkstattleiter Robert König und der Geschäftsführung entschied man sich Ende 2017 für die VISION-III-ST, denn das Konzept dieser Treppenanlage von Reichenbacher überzeugt mit einer Besonderheit.

Neben dem 5-Achs Hauptfräsmotor, der horizontale Arbeiten, Freiform- oder Sägebearbeitungen übernimmt, sind bei dieser Maschine drei zusätzliche Vertikal-Fräsmotoren eingebaut. Damit werden Arbeitsgänge auf mehrere Frässpindeln verteilt, was die Werkzeugwechselzeiten entscheidend reduziert. So fertigt ein Motor die Außenkonturen von Wangen und Stufen, ein anderer die Einstemmungen und Setzstufennuten, der dritte mit der integrierten Höhenabtastung die hochgenauen Profilierungen. Auch andere technische Details, wie beispielsweise die Krümmling- und Pfostenspannvorrichtung, sind berücksichtigt worden. Genauso überzeugend ist der automatische Tisch und vor allem dessen Länge: Jetzt können bis zu 6,50 m lange Wangen inklusive stirnseitiger Bearbeitung gefertigt werden.

©Dietel Treppenbau GmbH

Flexibilität als Wettbewerbsvorteil

Mit der CNC-Anlage hat sich die Flexibilität enorm erhöht und Ammann kann den Kunden, zu 70 % sind das Bauträger und Architekten und 30 % private Haushalte, pünktlich perfekte Treppen auf die Baustelle liefern. Heute fräst man alle Bauteile auf der CNC, die wirtschaftlich Sinn machen. Die Vorteile durch den Einsatz der VISION-III-ST sind eindeutig. „Beispielsweise für die aufwendig verzierten Kapitell-Pfosten, für die wir, als wir noch traditionell per Hand frästen, fünf Stunden gebraucht haben, sind wir mit der CNC in 30 Minuten fertig.

Je nach Bauteil sind wir mit Faktor 2 bis 8 schneller, beispielsweise bei eingestemmten oder aufgesattelten Wangen. Das ist eine Ansage“, hebt Andreas Bauer anerkennend hervor. Und Stefan Ammann ergänzt: „Wir sind richtig schnell, aber vor allem ist die Bearbeitungsqualität erstklassig und gerade die ist in allerletzter Konsequenz das Wichtigste“. „Aus diesem Grund kommt auch der Schärfdienst für die Werkzeuge alle zwei Wochen vorbei“, ergänzt er. „Die Anlage ist ausgelastet und wir produzieren Bauteile für 30-35 Treppen pro Woche. Da brauchen wir gute Werkzeuge, damit das Holz nicht zu fasern anfängt, denn das würde wieder die Nacharbeit hochtreiben“.

Da die Reichenbacher-Anlage die erste CNC Anschaffung war, musste seinerzeit alles neu geplant und berechnet werden: Dazu gehörten unter anderem auch Neuinstallation der Elektronik und statische Berechnungen der Bodenbeschaffenheit der Halle. Dass aber auch das Thema Strom-Anschlussleistung nichts Selbstverständliches war, obwohl man im Industriegebiet ansässig ist, war anfangs so nicht abzusehen. Fakt jedoch war, dass die Grundversorgung vor Ort zu gering war. Letztendlich musste der Stromanbieter neue Kabel verlegen und die Kosten dafür trug ebenfalls der Treppenhersteller. „Wenn man so was vorher nicht bedenkt, dann hat man zwar eine neue Maschine, kann aber nicht vernünftig damit arbeiten“, resümiert Andreas Bauer. Aufgrund seiner Technikaffinität war ihm aber von Anfang an klar, auf was man alles achten muss, und so wurde von Beginn an das Ganze im Gesamtzusammenhang projektiert und, womit wir wieder am Anfang wären, auch die kleine Hürde mit dem Luftweg perfekt vorbereitet.

 

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